Valparaiso - die Künstlerstadt am Pazifik

Eine lange Reise nach Zentralchile
Eine lange Reise nach Zentralchile

26.-28.02.2017 

Valparaiso, 25 Grad, 

Stufe 10 von 11 auf der UV-Belastungsskala


Die Stadt, die in Reiseblogs hoch gelobt wird. Weltkulturerbe. Ein must-go für Chilereisende. Okay,  wollen wir nicht verpasst haben.  


Ankunft nach einer 14-stündigen Nachtbusfahrt, die Dank breiter und gut gepolsterter “camas“ gut zu überstehen war, auf dem Busbahnhof. Es stinkt. Es ist laut. Es ist dreckig. 


Wir fragen uns durch und finden nach 100en von Treppensteigen unter der Last unseres Gepäcks auf einem Hügel namens Cerro Bellavista unser Hostel. Das Hostel ist wirklich einladend, hat Charme und eine eigene Note. Es gibt einen kleinen grünen Innenhof, wunderbar für ein abendliches Glas Wein. 


Nach ein paar Stunden ausruhen wollen wir die Stadt erkunden und uns treiben lassen. Auch haben wir Hunger, im Bus gab es nichts, ich hatte noch 2 belegte Brötchen in der Tasche, jetzt ist es 17 Uhr. Auf geht's, wir treten aus dem Hostel, laufen einige Hundert Meter bergab und kommen der quirligen Unterstadt näher. Das erste, was wir wieder wahrnehmen, ist der Gestank nach Hundekot, menschlichem Urin und Müll. Dieser Geruch wird auch in den nächsten 2 Tagen unser ständiger Begleiter sein. Wir rennen 2 Stunden durch irgendwelche Gassen und suchen nach einem Restaurant, irgendwas Kleines reicht ja. Nichts zu machen. Heute ist Sonntag, ist das der Grund oder sind wir einfach auf dem falschen Hügel?

Diese Stadt besteht nämlich aus vielen Hügeln, an denen die Häuschen wie Vogelnester kleben und die alle jeweils über steile, meist bunt bemalte, jedoch stinkende Treppen oder über die berühmten Seilbahnen (ascensores) erreichbar sind. Valparaiso war bis zur Eröffnung des Panamakanals die wichtigste Hafenstadt Südamerikas an der Pazifikküste und muss einmal wunderschön und reich gewesen sein. Sie hat nun ihre Bedeutung verloren und fungiert lediglich noch als innländische Hafenstadt. Sie verfällt zunehmend. Damit dieser Verfall nicht so sichtbar ist, haben die Menschen hier ihre Häuser/Hütten in bunten Pastellfarben angestrichen. 

Dazu kommt, dass es hier erlaubt ist, jegliche Form von Street-Art an jede sich bietende Haus- oder Felswand oder Garagentür oder Straßenlaterne zu bringen. Dies macht die Stadt zu einem bunten, gemischten und quirligen Mix aus Kunst und Verfall. Einmalig sicherlich, aber sie zu erkunden, erfordert doch etwas harte Nerven. 


Davon haben wir hier an unserem ersten Abend und nach 3 Wochen Patagonien nicht allzu viele. Wir sind gestresst, immer noch hungrig und uns geht die Sucherei zwischen all den finsteren Gestalten und herumirrenden Touristen auf den Senkel. Also ab in den nächsten Supermarkt, Brot, Gemüse, Käse und Wein gekauft und bloß zurück ins Hostel. Hier genießen wir die Ruhe, hauen uns die Bäuche voll und fragen uns, warum wir hier sind.

Wo ist denn nun das Valparaiso, von dem alle schwärmen? 

Wir finden im Internet Hinweise zu den angesagten “cerros“, Tipps für valparaisische Spezialgerichte (z.B. Chorillana = gaaaanz viel Pommes mit einem Berg Fleisch und Zwiebeln) und seitenweise Warnungen vor gewaltsamen Übergriffen auf Touristen. Valparaiso wird als gefährlichste Stadt Chiles benannt. Toll.


Wir beschließen, uns am nächsten Tag, nur mit einer Wasserflasche in der Hand und einer Kamera in der Hosentasche bestückt, einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Dieser ist mit einigen Worten auf den Punkt zu bringen: 


anstrengend

wirklich bunt

ein Paradies für Fotomotive

Stadthügel Alegre und Conception absolut sehenswert

dreckig

lebendig

Graffitistadt

laut

besonders

Hostelparadies

einfallsreich

müllig

Nette Kneipen & Cafes



Wir lassen mal die Bilder sprechen, die man zum Glück nicht hören und riechen kann 😉

Der zweite Tag wird für einen Strandbesuch genutzt, schließlich sind wir hier am Pazifik und es ist blauer Himmel. Das mit dem Baden, d.h. schwimmen und plantschen im Meer, erübrigt sich aufgrund zweier Umstände:


Erstens:

4-Meter-hohe Wellen brechen sich am Strand. Mit lautem Gerumms knallt das Wasser auf und ein extremer Sog zieht alles, was nicht bei 3 im Trockenen ist, mit ins Wasser.


Zweitens:

Eine portugiesische Galeere (Udo sagt, ich soll schreiben armada portuguesa) treibt im Wasser ihr Unwesen. Zur Erinnerung, das ist eine Riesenqualle, die bis zu 8m groß werden kann. Wenn man von ihr “berührt“ wird, kann man einen Schock bekommen und ertrinken.  


Also vergnügen wir uns damit, abzuwarten, wann mal keine große Welle kommt, um dann reinzuhuschen, bevor einen die nächste Welle oder die portugiesische Galeere holt. Das sieht dann ungefähr so aus.... und holen uns trotz Sonnenschutzfaktor 50+ einen fetten Sonnenbrand...


Ansonsten ist es einfach schön, bei einem “sol“ dem Strandtreiben der chilenischen Urlauber zuzusehen und auf das Meer zu schauen.

Valparaiso hat uns einen Einblick in das typische südamerikanische Stadtleben gegeben. Laut, dreckig, Gewimmel, nicht ungefährlich. Aber auch interessant, wenn man trotzdem versucht, ein bißchen einzutauchen. Man hat das Gefühl, dass niemand sich in seiner Wohnung/Behausung aufhält. ALLES spielt sich auf der Straße ab. Jeder versucht, das (bisschen) was er hat, an den Mann zu bringen. Das beginnt bei 100%-Kreditangeboten vom Auto bis zum Supermarkteinkauf und endet bei einem armen alten Mann, der 5 Stück Pflaster anbietet. 


Und überall Hunde, herrenlos, winzig klein bis riesengroß. Sie werden geduldet und bekommen immer von irgendjemandem ein Fresserchen, aber sie sind trotzdem einsam, traurig, schlafen auf dem Gehweg, am Strand. Mein großes Tierherz blutet.


Was uns gefällt, ist die Art, in Chile mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. Es gibt ein undurchschaubares Bussystem, das man aber gar nicht durchschauen muss, da man sich nur an die Straße stellen muss und schon hält irgendein Bus an und man sagt, wo man hin will. Meist heißt es “si“, also reinhopsen, ein paar pesos abgeben und irgendwann ruft der Fahrer nach hinten, dass man jetzt aussteigen muss, selbst wenn da gar keine Bushaltestelle ist. Ein Chaos, das funktioniert. Wenn das mal nicht so ist, stehen überall Ordnungshüter, die freundlich Auskunft geben. 


Für Leute wie uns, die von nun an ständig die Örtlichkeiten wechseln ein sehr entspanntes Reisen. Bis jetzt.


Adios Valparaiso!