desierto de Atacama - die trockenste Wüste der Welt

11.3.2017

Rezept für eine unangenehme Busreise:


Wir machen uns auf den Weg, eine lange nächtliche Busreise in die Atacama liegt vor uns. Wir haben unüberlegt und vorschnell ein Busticket für “semi cama“ (Halbbett) gekauft. Das bedeutet Sitz zum “halben“ Zurückklappen mit Ablage für die Beine. Die letzte Busreise erfolgte in “camas“, doppelt so breit und zum vollständigen Zurückklappen. 

Nun sitzen wir also auf schmalen Sitzen, was die ganze Sache jedoch so richtig ungemütlich macht, ist die Tatsache, dass die meisten ärmeren Chilenen auch diese günstigen Sitzplätze kaufen und wir nun mit ca. 6 Familien UND deren Kleinstkindern/Babys den Start in die Nacht antreten. Ruhe ausgeschlossen. Außerdem befinden sich die billigen Plätze im 1. Stock des Busses, wo es in jeder Kurve wackelt. 

Nun kommt noch hinzu, dass der Busfahrer offenbar eine Hirnwindung zu wenig hat, kurz nach dem Start gleich mal ein Verkehrsschild mitnimmt und den Rest der 600 km wie ein Irrwitziger über die Panamericana rast, andere Reisebusse überholt und offenbar auch ignoriert, dass rechts neben dem Bus tiefe Schluchten sind und keine Leitplanken... vom 1. Stock des Busses aus sehen wir die Schluchten natürlich, ich halte mir die Augen zu und Udo sagt alle 3 Minuten “um Gottes Willen“ oder “ach du Scheiße“ oder “ich gehe jetzt runter und ziehe dem den Schlüssel ab“ und ähnliches und man hat das Gefühl, dass die obere Etage eigentlich nicht mehr ordnungsgemäß mit der Unteren verbunden ist....


Als zusätzliche Beigabe kommt dann noch eine nächtliche Drogenkontrolle vom chilenischen Zoll hinzu. Neonröhren an, alle raus aus dem Bus (auch Frauen mit schlafenden Babys), Pässe abgeben,  alle Rucksäcke aus der Kofferklappe des Busses raus, in den Zollraum rein, alles auf's Band legen, alles wieder rein in den Bus und warten, bis der ganze Bus mit Taschenlampen durchsucht und alle Klappen aufgeschraubt sind. Einsteigen. Weiter geht die Höllenfahrt. 


Niemand der Mitreisenden ereifert sich, alle folgen brav den Anweisungen, als würde ihnen das jeden Tag passieren. Udo echauffiert sich natürlich ein weiteres Mal (Freiheitsberaubung, Willkür, mit mir nicht.. etc.) und ich bemühe mich, ihm ruhig klar zu machen, dass er einfach den Mund halten soll und dass das eben so ist in Südamerika. Was und wem nützt solch eine Aufregung?


Wir erfahren, dass die nördliche Region von Chile wegen der Nähe zu Peru und Bolivien zum größten Drogenumschlagplatz Südamerikas geworden ist und dass quasi jeder Reisebus vom Zoll kontrolliert wird. Deshalb gibt es an der Panamericana überall Zollkontrollstationen. Ist ja eigentlich auch richtig, könnte nur etwas freundlicher vonstatten gehen.


Der Bus kommt, welch ein Wunder, morgens um 7 Uhr in Calama an. Hier ist Schluss. Wir haben aber Tickets bis San Pedro de Atacama, 150 km entfernt. Zum Glück reisen wir mit 2 netten Santiagoerinnen, die uns erklären, dass der Anschlussbus in 2 Stunden weiterfährt. Also rumstehen, warten, keine einzige Kaffeebude in Sicht. Wir trinken Tee mit den beiden Santiagoerinnen, die von irgendwoher heißes Wasser auftreiben. Es ist dann irgendwann 9 Uhr, kein Bus. Um 9.30 holt der “jefe“ den schlaftrunkenen Busfahrer aus den Bett. Stirnrunzeln. Mehr nicht. Es kann weitergehen. 

Ankunft in San Pedro de Atacama, eine unwirkliche Welt. Ein ruhiger überschaubarer Backpackerort, bestehend aus flachen Lehmhäusern, jedes Zweite ein Hostel oder eine Reiseagentur oder eine Kneipe. 


Es kommt einem so vor, als hätte jemand am Horizont dahinter eine große Leinwand aufgespannt. Man kann von links nach rechts ca. 150 km kucken, Wüste in verschiedenen Farbtönen und dahinter riesige Berge mit Schneekappen. 


Hier beziehen wir unserer ganz ruhiges kleines Hostel, 4 Zimmer mit Ausrichtung zum offenen Innenhof, von dem aus man nachts in der Hängematte den Sternenhimmel über San Pedro bewundern kann.


12.-18.03.17

ATACAMA - no es de este mundo


In San Pedro de Atacama lässt es sich aushalten. Zwar ist es tagsüber sehr heiß, aber wir haben einen schattigen Innenhof mit Hängematten, Reiseliteratur, wlan und sogar einen kleinen Pool. Wir treffen auf andere Backpacker und stellen fest, dass diese noch viel schneller reisen als wir, obwohl sie teilweise ebenso viel Zeit haben. Wir stellen daraufhin fest, dass es uns gut gefällt, mindestens 3-5 Tage an einem Ort zu verbringen. Diese ständige Packerei und die Busfahrten strengen an. Selbst für viele junge Leute ist das ständige come and go zu viel, sie klagen über Erschöpfung und auf den Ausflugs-Touren übergeben sie sich. Überanstrengung. Also: immer schön entspannt bleiben, das ist der wahre Urlaub.


Bei uns werden es 8 Tage in San Pedro. Dafür sprechen folgende Gründe:


1. Die Umgebung von San Pedro ist einzigartig.

 Es werden verschiedenste Halbtages- und Tagestouren angeboten. Wir suchen uns einige aus und unsere Hostelmutti Natalie organisiert alles für uns, wir müssen nur zur vereinbarten Zeit vor der Türe stehen.


2. Udo hat Magen-Darm-Probleme, 

die er auf keinen Fall mit nach Bolivien nehmen will. 


3. Wir (Udo) haben uns in die Straßenhündin Filipa verliebt. 

Sie saß am 2. Tag vor unserem Hostel und ging Udo nicht mehr von der Pelle. Sie ist hübsch, intelligent und unglaublich anhänglich, sucht sich jeden Abend Udos Schoß zum Schlafen. Am 4. Tag ging ich los, Hundefutter kaufen, und am 6. Tag beschloss Hostelmutti Natalie, dass sie nun zum Hostel gehört und ein Hundekörbchen bekommt und nicht mehr auf der Straße schlafen muss

😁😁👏




San Pedro liegt am Rande der Atacamawüste vor den Andenkordilleren auf einer Höhe von 2300m.

Unmittelbar vor dem Ort liegen die cordilleras del sal (Salzberge). Das viele Salz begründet sich einerseits durch  Auswaschungen aus dem Gestein und dadurch, dass durch die hohe Sonneneinstrahlung das Wasser aus der Erde gezogen wird, die Feuchtigkeit sofort verdunstet und die Salze verkrusten. 


Man wandert quasi durch Steinsalzberge. Berühmt ist das sog. Valle de Luna (Mondtal), das bei Sonnenuntergang in wunderbaren rotbraunorange-Tönen strahlt.

Udo macht den Salztest.

Die cordilleras del sal:



Unterwegs im Valle de Luna (Mondtal):


Mindestens genauso reizvoll wie die Wüste ist das dahinter liegende Hochland. 

Die Mischung aus vulkanischer Aktivität, jahrtausendelanger Erosion, extremer Trockenheit und kurzen kräftigen Regenschauern hat eine Landschaft geformt, die ihresgleichen sucht.


Innerhalb eines Tages kann man völlig unterschiedliche, sensationelle Gegenden erkunden. So entdeckten wir in einer Höhe von 3500-5000 Metern Lagunen und karibikfarbene Seen, Steinwüsten, Felsformationen,  Salzseen und eine Farbenpracht, die einen einfach umhaut.


Da wir bereits in Nordchile die Höhenprobe erfolgreich bestanden hatten, gab es hier weder Kopfschmerz noch Atemnot. Kokablätter auf dem Markt gekauft und somit bestens versorgt.



Im Reich der Steinriesen und Lavawüsten:

Der Geist der Inka ist allgegenwärtig. Man erkennt den Kopf, oder etwa nicht?

Wer es nicht glaubt, hier nochmal von der anderen Seite!



Die Wunderwelt der Hochlandlagunen, eine schöner als die andere, jede ein anderes einzigartiges Ökosystem:


salar de tara


Laguna Miscanti

(normalerweise schneefrei, weil Sommer, aber nachts kam der Regen, der in 4500m als Schnee herunter kommt. Wir waren ca. 2 Stunden dort, danach war der Schnee fast weg)


Laguna Miniques

Sie war nur 1 km entfernt, aber dort war dann schon fast kein Schnee mehr. 


Dafür mussten wir spätestens hier für das obligatorische Tourgruppenfoto herhalten. Es ist offensichtlich cool, sich auf einer Reise stets und ständig mit anderen Leuten fotografieren zu lassen, obwohl man sich kaum oder gar nicht kennt. Es reicht schon, dass man im Bus nebeneinander gesessen hat. Aber man kann dann posten, dass man gaaaaasnz viele coole Leute kennengelernt hat und viiiieeeele neue Freunde hat. Also, wie man sieht, hatten wir an nur EINEM Tag ca. 15 neue Freunde 😉

Viiiieeele neue Freunde 😉


Laguna de las piedras rojas

(Lagune der roten Felsen)

Eine spektakuläre Szenerie mitten im Hochland. Farben wie in der Karibik. Warme rote Felsen, die von unterirdischen heißen Quellen angewärmt werden. Vulkane im Hintergrund. Und Stille.

Und zu guter Letzt noch ein Besuch in der Salar de Atacama


Salz, wo man nur hinschaut. Die Salzlagunen sind voller weißer rosa Shrimps und daher Lebens- und Brutgebiet für 3 von 6 Flamingoarten weltweit. Man spürt den Frieden hier.



Und nun ist es soweit. 

Nach 6 Wochen Chile heißt es Abschied nehmen. 


Wir waren am Ende der Welt, haben geheult vor Glück, als wir unter den Pinguinen waren. Wir haben die blauen Türme Paine bewundert, den Riesengletscher Perito Moreno “kalben“ sehen, den Fitz Roy bestiegen, die argentinische Pampa durchquert, den schönsten See der Welt umfahren. Wir haben die Urwaldbäume umarmt und dem Regen getrotzt.


Wir haben uns irgendwie ganz gut verständigen können, haben viele freundliche Menschen getroffen, haben Unmengen Kohle berappen müssen für die einfachsten Dinge des Lebens, sind nur ein einziges Mal über's Ohr gehauen worden (und haben es auch noch bemerkt) und haben im “reichsten“ Land der Welt jede Menge Armut, aber auch jede Menge Lebensfreude gesehen.


Wir haben uns mit Lamas, Alpakas, Nandus und Vizcachas angefreundet. Wir haben den König der Anden - den Kondor - gesehen. Wir haben den Flügelschlag eines Kolibris gehört.


Wir haben unzählige Vulkane bewundert und immer, wenn wir dachten, den Schönsten gesehen zu haben, kam noch ein Schönerer. Wir haben Pachamama gefühlt, gespürt, genossen, befeiert. Wir standen unter dem unendlichen Horizont und unter dem Sternenzelt in der Atacamawüste.


Wir haben einem Straßenhund ein neues Zuhause geschenkt.


Adios Filipa!

Adios Atacama!

Adios hermosa 

CHILE!